Literaturagentinnen … Was machen die eigentlich? Wieso verdienen die mit? In einem Satz: Eine Literaturagentin vermittelt Autor*innen und ihre Werke an Verlage und trägt dazu bei, dass Bücher um die Welt reisen und in möglichst viele Sprachen übersetzt werden.
Die Literaturagentin ist eine unermüdliche Leserin und Talentsucherin. Sie begleitet Autor*innen von der Idee zum Buch, ist Ansprechpartnerin, Leserin, Beraterin und Kritikerin. Sie kennt die Chancen und Möglichkeiten und auch den Usus, was die Bedingungen betrifft. Nach der Vermittlung eines Manuskripts an einen Verlag handelt die Agentin die Konditionen aus, setzt Verträge auf, prüft Abrechnungen und stellt Rechnungen.
Ich arbeite mit vielen Akteuren der Buchbranche zusammen, neben Lektor*innen auch den Lizenz-, Presse- und Veranstaltungsabteilungen, Scouts und Übersetzer*innen. Ich erlebe tolle Autor*innen und schwierige Egos, gute und schlechte Zusammenarbeit mit Verlagen. Dabei vertrete ich die Interessen der Autor*innen, aber nicht zwangsläufig gegen die Verlage. Denn letztlich bedarf es für die Entstehung und den Erfolg eines Buches eines „Orchesters“, das gut zusammenarbeitet.
Die wichtigste Voraussetzung für diese Arbeit ist, dass man sich für Erzählstimmen und Geschichten begeistern kann. Eine Agentin braucht ein Gespür für Menschen, Sprache(n) und Texte, einen Riecher für gute Geschichten und Trends, Branchenkenntnis, Verhandlungsgeschick, Diplomatie und Durchsetzungsvermögen. Und es kann nicht schaden, auch eine gute Geschäftsfrau zu sein. Sie sollte Kenntnisse im Lizenzrecht haben und sich mit den einschlägigen Verträgen auskennen.
Mit meiner Agentur vertrete ich deutsch- und spanischsprachige Autor*innen weltweit sowie Übersetzungsrechte für spanische und niederländische Verlage und Agenturen. Mein Job ist somit an der Seite der Autor*innen und im internationalen Lizenzgeschäft angesiedelt.
Wie es dazu kam? Ich habe Romanistik, Europa- und Völkerrecht studiert und in Hispanistik promoviert. Danach habe ich vier Jahre in Madrid bei einem spanischen Verlag im Bereich Lizenzen und im Lektorat gearbeitet, wo ich für die Akquise und Betreuung internationaler Titel zuständig war. Zurück in Deutschland habe ich mich als Literaturagentin selbstständig gemacht. Einen typischen Arbeitstag habe ich so nicht. Ich lese viel, überlege, welche Geschichte denn wo ein schönes Buch würde, prüfe Texte, verfasse Dossiers, stelle Information zusammen, schreibe viele E-Mails, telefoniere, erledige Administratives. Ich besuche Verlage und fahre zu den einschlägigen Buchmessen, was viel Vor- und Nachbereitung erfordert, um die Autor*innen bestmöglich zu präsentieren.
Die Vermittlung eines Buches kann schnell gehen oder Jahre dauern. Es muss das richtige Buch im richtigen Moment am richtigen Ort sein.
Meine Agentur ist ein „Eine-Frau-Betrieb“, mit einer Mitarbeiterin, die stundenweise für die Agentur tätig ist. Ich arbeite auf Kommissionsbasis, d. h. ich verdiene nur bei erfolgreicher Vermittlung mit. Das bedeutet sehr unregelmäßige Einnahmen. Ich liebe gute Geschichten und bin sehr gerne Mittlerin zwischen Sprachen und Kulturen. Ich freue mich riesig, wenn aus einer Geschichte ein Buch wird, am besten noch in verschiedenen Sprachen. Weniger Spaß macht mir der administrative Teil. Ein Highlight in meiner Arbeit war die Verleihung des Deutschen Jugendliteraturpreises an die argentinische Autorin Inés Garland. Ihr Roman Wie ein unsichtbares Band (dt. bei FJB) ist wunderschön. Dennoch hat es drei Jahre gedauert, bis ich ihn in Deutschland bei einem Verlag untergebracht hatte. Das Buch wurde nominiert und die Autorin nach Frankfurt eingeladen. Wir waren glücklich, überhaupt nominiert zu sein. Und als ihr Name fiel, war der Jubel riesig.
Wie der Job in 10 Jahren aussehen wird? Ich denke, dass Literaturagenturen auch weiterhin Vermittler von Geschichten sein werden – in verschiedene Formate. Wichtig ist, dass auch bei den digitalen Verwertungen faire Bedingungen herrschen und sich die „Gratismentalität“ nicht durchsetzt. Denn in einem guten Buch steckt viel Arbeit.