Traumstoff ist ein Modelabel, nur dass ich nicht Fotomodelle einkleide, sondern Bücher. Ein Buchcover muss ohne Umschweife verständlich machen, was für eine Geschichte sich zwischen den Deckeln versteckt. Im besten Fall für Liebe auf den ersten Blick sorgen, Neugier, Verführung. Ein erster Eindruck. Denn am Ende geht es um eine Berührung.
Nimmt der Kunde das Buch in der Buchhandlung in die Hand? Klickt er im Online-Shop auf die Beschreibung? Mein Job ist es, dafür zu sorgen, dass dieser Erstkontakt stattfindet. Dazu werde ich gebucht, entweder von der Marketingabteilung/dem Lektorat eines Verlags oder von Autor*innen. Meist ist das Buch dann schon fertig und befindet sich im Lektorat, manchmal wird auch noch dran geschrieben. Es erfolgt ein möglichst genaues Briefing, um die Wünsche, Vorlieben, Zielgruppen und das Genre abzustecken. Meine Erfahrung: je besser das Briefing, desto besser das Cover.
Die wichtigste Qualifikation, die man zum Coverdesignen braucht, ist natürlich das Gefühl für Grafik. Im besten Fall eine Ausbildung zum Grafikdesigner. Ich selbst habe Grafik nicht studiert. Aber immer schon gemacht. Bei Buchcovern gehört neben dem perfekten Design noch etwas anderes dazu: Marktkenntnis. Was läuft gerade in welchem Genre, was sind die angesagten Farben, womit kann man herausstechen oder die Fans von bestimmten Büchern ansprechen? Auch hier ist es ganz wie in der Mode, nie losgelöst von Trends.
Für mich hat das Abenteuer Traumstoff 2014 begonnen. Ich habe davor Grafik zum Eigenbedarf und hier und da als Freundschaftsdienst gemacht. Im Sommer habe ich mich dann intensiv mit Buchcovern beschäftigt, viel gelesen, viel geübt und im Herbst in einem relativ spontanen Moment frei nach Shakespeare „Wir sind aus solchem Stoff wie Träume sind“ mein Label gegründet. Weil ich selbst Autorin bin, habe ich schnell in der Branche Fuß gefasst, ein Glücksfall.
Gemeinsam mit meinen Kolleg*innen Mascha Vassena, Victoria Schlederer und Philipp Bobrowski bieten wir als Autorendienst.net diverse Leistungen an. Autor*innen für Autor*innen. Meinen typischen Arbeitstag gibt es nicht, weil jeder Auftrag anders ist. Manchmal verbringe ich Stunden in Bilddatenbanken, manchmal probiere ich ewig an der Typo herum und kurz vor Buchmessen layoute ich hauptsächlich Werbematerial. Die Arbeit ist sehr individuell, darum ist die Preiskalkulation auch schwierig. Klar ist Qualität manchmal eine Geldfrage und ein großer Verlag kann sich acht Entwürfe, fünf Überarbeitungen und komplexe Collagen leisten. Aber gut gebrieft ist halb gewonnen, auch mit kleinem Budget.
Leben allein vom Coverdesign ist schwierig. Man hat hohe Ausgaben, muss als Selbstständige Steuern und Sozialversicherungsbeiträge abführen, regelmäßig in Werbung investieren und dann noch ständig kreative Höchstleistungen bringen. Aber ich mag die Unabhängigkeit und das großartige Gefühl, wenn ein Cover so richtig einschlägt. Das schönste Kompliment ist: „Du hast meine Geschichte perfekt getroffen.“ Das ist das Ziel. Denn bei allen Marketingüberlegungen ist es doch die Geschichte, um die es geht. Wie in der Mode eben. Ein schönes Kleid, eine gut geschnittene Hose bringen den Menschen zum Leuchten, der sie trägt. Ein gutes Cover ist für mich eine Liebeserklärung.