Ich bin Bibliotheksreferendarin im wissenschaftlichen Dienst an der Universitätsbibliothek/Campusbibliothek der Freien Universität Berlin mit dem Fachreferat Ostasienwissenschaften und den Schwerpunkten Forschungsdatenmanagement und Digital Humanities. Als Bibliotheksreferendarin durchlaufe ich eine zweijährige praktische und theoretische Ausbildung für eine Tätigkeit im höheren Dienst an wissenschaftlichen Bibliotheken. Dazu gehört z.B. das Management von Bibliotheksetats, die Verantwortung für Bibliothekspersonal oder auch die Informationsvermittlung und Konzeption neuer bibliothekarischer Dienstleistungen für die Wissenschaft. Mit der Ausbildung erweitere ich meine fachwissenschaftliche Qualifikation um eine Kompetenz für die Weiterentwicklung von Informationsinfrastrukturen allgemein und vor allem für die Ostasienwissenschaften.
Für das „klassische“ Fachreferat Ostasienwissenschaften stehen der Bestandsaufbau und die Bestandssicherung, die Erschließung des Fachbuchbestands in Katalogen und Discovery-Systemen sowie die Vermittlung von Informationen zum Bestand im Mittelpunkt. Darüberhinaus erkunde ich auch den Bedarf an neuen Dienstleistungen im Bereich Forschungsdatenmanagement und Digital Humanities. Hier geht es um die Herausforderungen der digitalen Transformation der Wissenschaft an universitäre Forschungsinfrastruktureinrichtungen und die Unterstützung von WissenschaftlerInnen bei der Erstellung, Verwaltung, Bereitstellung und langfristigen Speicherung von digitalen Forschungsdaten. Da im Falle der Ostasienfächer der Großteil an Primär- und Sekundärquellen für Forschung und Lehre in nicht-lateinischen Schriften vorliegt, stellt dies die marktübliche Bibliothekssoftware vor große Probleme. In Kooperation mit KollegInnen aus der Forschungssoftwareentwicklung und IT-Abteilung aber auch der Informatik suche ich nach Lösungen.
Meine Aufgabe bei der Entstehung eines Buches ist dort angesiedelt, wo Wissen aus anderen physisch in der Bibliothek vorhandenen bzw. digital zugänglich gemachten Büchern, Zeitschriften, Filmen, Tonaufnahmen und sonstigen Medien ermöglicht,entdeckt, rezipiert, und verarbeitet wird.
Als fachwissenschaftliche Grundlage für das Referendariat ist ein Studium und die Erfahrung bei der Durchführung von (Forschungs)projekten unerlässlich. Hinzukommen sollte ein Interesse an informationswissenschaftlich-technischen Fragen – von Bibliothekskatalogsoftware bis Metadatenstandards. Wichtig sind außerdem Analysefähigkeit und strategisches Denken, Eigeninitiative und Selbstmanagement, Interesse am Umgang mit anderen Menschen, sehr gute Kommunikationsfähigkeiten, hohe Belastbarkeit, Teamfähigkeit und Konfliktmanagement, Entscheidungsbereitschaft. Ich selbst habe einen Magisterabschluss in Japanologie und Geschichte und im Fach Japanologie promoviert. Seit Oktober 2017 studiere ich im Rahmen des Bibliotheksreferendariats im viersemestrigen Master-Fernstudiengang „Bibliotheks- und Informationswissenschaften“ an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Einen typischen Arbeitstag gibt es eigentlich nicht bei uns. Derzeit gleicht kaum ein Tag dem anderen. Ich nehme an Leitungssitzungen teil, übernehme Auskunftsdienste in der Campusbibliothek, schreibe ein Referat zum Thema „Forschungsdatenmanagement“ fürs Studium, konzipiere und organisiere einen Workshop von Koreastudien-BibliothekarInnen aus Europa, hospitiere in der Ausleihe der Universitätsbibliothek oder bei den Planungen zum Umbau eines Lesesaals der Campusbibliothek u.v.m. Viel Zeit nimmt derzeit auch der Austausch mit WissenschaftlerInnen und KollegInnen aus den unterschiedlichen Bibliotheksabteilungen zum Thema „Entwicklung von Digital Scholarship Infrastrukturen“ in Anspruch. Als Bibliotheksreferendarin erhält man ein „Auszubildenden“-Gehalt genannt „Anwärterbezüge Besoldungsgruppe V13“, das sind in Berlin ca. 1.200 Euro netto im Monat.
Je weiter die Digitalisierung voranschreitet, desto so wichtiger wird das Ordnen, Sichern und langfristige Zugänglich-Machen von Informationen. Hierzu möchte ich Michael Knoche, bis 2016 Leiter der Anna-Amalia-Bibliothek in Weimar, zitieren: „Die Merkmale des Internets sind Flüchtigkeit, Nicht-Hierarchie, Ubiquität und Vernetzbarkeit von allem und jedem. Die Merkmale von Bibliotheken sind Dauer, Ordnung, Kontext und Konzentration. Der reale Ort Bibliothek bleibt, unabhängig von den Medien, die er zugänglich, und jenseits der Begegnungen, die er möglich macht, bedeutungsvoll als ein öffentlicher Ort des Denkens.“* Dies zu gewährleisten scheint mir heute wie in 10 Jahren eine spannende berufliche Herausforderung.
* („Informationsgewinnung. Wozu noch Bibliotheken“ von Michael Knoche, Deutschlandfunk 17.12.2017, www.deutschlandfunk.de).