Ich bin freie Literaturkritikerin und bespreche Romane u. a. für den Deutschlandfunk sowie für verschiedene Print- und Online-Medien. Zudem bin ich in den Jurys von zwei Literaturpreisen.
Ich trete also erst in Aktion, wenn das Buch bereits fertiggestellt ist. Im Idealfall erhalte ich ein, zwei Monate vor dem Erscheinungstermin die Fahnen eines Titels vom Verlag, damit meine Rezension rechtzeitig zum Veröffentlichungstermin erscheinen kann.
Seit ich lesen kann, habe ich gern und viel gelesen und für mich festgehalten, was ich von einem Buch halte. Als ich im Jahr 2000 die Chance bekam, für eine Frankfurter Literaturzeitschrift Romane zu besprechen, habe ich sofort zugesagt. Seitdem ist Literaturkritik ein Bereich meiner Arbeit, der immer mehr Raum einnimmt. Allerdings sind die Honorare eher niedrig: Bei Printmedien gibt es pro Rezension zwischen 20 und 50 Euro pro Buch, für längere Hintergrundartikel, Interviews u. Ä. wird meist pro Zeile bezahlt. Im Hörfunk können es für eine Buchbesprechung zwischen 300 und 500 Euro sein (je nach Länge des Beitrags). Davon lässt sich kaum leben, sodass ich zudem als freie Lektorin und Übersetzerin arbeite.
Was meine Ausbildung angeht: Ich bin Literaturwissenschaftlerin, das ist hilfreich, aber keine Voraussetzung für die Arbeit als Kritikerin. Es gibt keine festgelegten Wege in die Literaturkritik – wichtig ist vor allem, dass man viel und gern liest und sich kritisch mit dem Gelesenen auseinandersetzt. Für diese Auseinandersetzung ist allerdings ein literaturwissenschaftlicher Hintergrund von Vorteil: Wer sich mit Literaturgeschichte, Literaturtheorien u. Ä. beschäftigt hat, dem fällt es leichter, einen Roman in seiner Relevanz, seinen Bezügen, seinem Umgang mit Konventionen einzuordnen. Wie viel Zeit in eine Rezension fließt, ist unterschiedlich – es hängt natürlich vom Umfang des Buchs, vom Umfang der Besprechung, aber auch vom Medium ab. Erscheint eine Besprechung im Print oder online, schreibe ich lediglich den Text; erscheint sie im Hörfunk, kommt die Produktion hinzu: den Text einsprechen, Sprecher*innen für Zitate finden, den Beitrag mithilfe einer Tontechnikerin, eines Tontechnikers zusammenbasteln.
Einen festen Arbeitsalltag habe ich eigentlich nicht, zumal ich ja noch andere Projekte verfolge. Aber es gibt doch Abläufe, die sich stets wiederholen. Es beginnt damit, dass ich die Vorschauen der Buchverlage nach interessanten Titeln durchforste. Bin ich fündig geworden, bestelle ich die Titel als Fahne bzw. als Rezensionsexemplar und wende mich an die Redaktionen, für die ich tätig bin, um ihnen Bücher zur Besprechung vorzuschlagen. Die meisten Medien bevorzugen positive Besprechungen, da der Platz in der Regel begrenzt ist: Dieser sollte nicht mit Kritiken zu schlechten Büchern gefüllt werden. Verrisse sind allerdings dann willkommen, wenn das Buch in irgendeiner Weise relevant ist (großer Marketinghype, gefeierte*r Autor*in, brisantes Thema etc.). Bei kleineren Online-Magazinen ist dies meist entspannter, da der Platz nicht reglementiert ist. Deshalb können dort auch Verrisse oder Besprechungen von mittelguten Bücher untergebracht werden. Dafür zahlen diese Medien aber meist kein Honorar.