Normalerweise kommen AutorInnen zu mir, wenn sie einen ersten Kapitel- oder Szenenplan verfasst haben, aber spüren, dass die Geschichte noch nicht rund oder nicht spannend genug ist. Ich erhalte den Plotplan via E-Mail, prüfe Aspekte wie Aufbau, Figurenentwicklung, Spannung und innere Logik und mache Änderungsvorschläge, wo ich Verbesserungspotenzial sehe. Die/der AutorIn überarbeitet und in einer zweiten Runde polieren wir den Plot noch einmal, bis er glänzt.
Dabei geht es nicht darum, wie ich die Geschichte erzählen würde. Um den/die AutorIn sinnvoll zu unterstützen, müssen sich meine Vorschläge an der Erzählabsicht meiner Klientin/meines Klienten orientieren. Ich versuche bei aller Ehrlichkeit dennoch einfühlsam zu sein, denn mir ist bewusst, wie empfindlich man in Bezug auf die eigene Geschichte ist. Deshalb formuliere ich meine Anmerkungen oft als Fragen. Mit dem eigentlichen Schreibprozess habe ich nichts mehr zu tun, aber ich freue mich immer, wenn ein Buch erscheint, an dem ich hinter den Kulissen ein bisschen mitgewirkt habe.
Seit 2017 gebe ich auch „live“ Plot- und Schreibworkshops für Gruppen. Ich liebe es, gemeinsam Geschichten zu planen, statt sich einsam am Schreibtisch das Hirn zu zergrübeln. Durch die intensive Beschäftigung mit den Geschichten anderer lerne ich ständig dazu. Meine Arbeit als Coach lässt auch mich zu einer besseren Autorin werden. Als ich Ende der Achtzigerjahre meine ersten Kurzgeschichten schrieb, war in Deutschland weitgehend unbekannt, dass man Erzählen lernen kann. Es gab noch kein Internet und – zumindest in unserer Stadtbibliothek – keine Bücher zum Thema. Der erste Schreibratgeber, den ich – wohl um 1994 herum – in die Finger bekam, wirkte wie ein Brandbeschleuniger auf mein Schreiben. Endlich rückte jemand mit dem Geheimnis raus, wie man gut erzählte! Es gab Gesetzmäßigkeiten, nach denen sich gelungene Geschichten richteten, Tricks, wie man Leser fesseln konnte!
Ich sog alles, was ich über das Schreiben finden konnte, förmlich auf und fing an, mich mit anderen AutorInnen auszutauschen. Zuerst in der Redaktion eines kleinen Literaturmagazins, später im Autorenforum Montségur, wo ich seit 2010 Mitglied bin. Dort fing ich nach einiger Zeit an, forumsinterne Plotarbeitsgruppen zu betreuen. Im Lauf der Jahre haben wir Dutzende von Plots zerpflückt und überarbeitet, und sehr viele davon sind bei Verlagen untergekommen.
Nachdem ich drei Romane bei großen Publikumsverlagen veröffentlicht hatte, fühlte ich mich qualifiziert genug, Honorar für meine Arbeit zu verlangen. 2015 gründete ich mit drei befreundeten AutorInnen die Serviceplattform Autorendienst.net und bin seitdem neben meiner Arbeit als Grafikerin und meiner eigenen Schriftstellerei als professioneller Plotcoach tätig. Leben kann und will ich nicht allein davon, aber es ist eine stetig wachsende Einnahmequelle geworden, die zudem eine willkommene Abwechslung in meinen Autorenalltag bringt.